Es ist schon irgendwie ein Paradoxum und doch verständlich: Eine erst kürzlich durchgeführte Umfrage ergab, dass fast jeder 10. Deutsche Bundesbürger innerhalb der nächsten 6 Monate plant einen Kredit aufzunehmen. Und das in den meisten Fällen nicht, um eine Anschaffung oder Ähnliches zu tätigen, sondern um mit der aufgenommenen Kreditsumme finanzielle Einbußen – resultierend aus der Corona-Krise und dem Lock-Down – zu kompensieren.
Auf der anderen Seite zeigt nun eine weitere Umfrage einer großen deutschen Tageszeitung, dass allein in den letzten Wochen hunderttausende Kredite nicht mehr bedient wurden. Sprich: Vereinbarte Ratenzahlungen für laufende Kredite und Darlehen sind seitens der Kreditnehmer nicht erfolgt.
Stattdessen gingen bei den kreditvergebenden Banken zeitgleich hunderttausende Anfragen der Kreditnehmer nach Tilgungsstundungen, Herabsetzungen der Ratenhöhen bis hin zum kompletten „aussetzen“ der Ratenverpflichtungen ein.
Anfragen nach Kreditstundungen im Juni und Juli stark angestiegen
So wurden allein bei den Sparkassen auf entsprechende Anfrage zuletzt bei 366.623 Kreditverträgen (davon 189.252 Privatkunden und 177.371 Gewerbekunden) Zins und Tilgung gestundet. Auch die großen privaten Institute mussten auf Tilgungszahlungen warten: Die Commerzbank zählte zuletzt rund 33.000 Stundungen, die Deutsche Bank rund 70.000, die Targobank rund 47.000.
Zwar war auch im Tenor zu vernehmen, dass dies bis dato das Kreditgeschäft der Banken in seiner Gesamtheit (noch?) nicht negativ beeinflusse, doch aus Insiderkreisen ist zu vernehmen, dass die Sorge der Banken vor steigenden Kreditausfällen durchaus wächst.
Was sich an anderer Stelle durchaus bestätigen lässt, denn die erste Reaktion zahlreicher Banken ist durchaus erkennbar. Sie erhöhten die Zinssätze für Kredite in einem Maße, wie in den letzten 4 Jahren nicht. So beträgt der Bundesdurchschnitt für Ratenkredite 5,99 % effektivem Jahreszins. Tendenz? Stark steigend.
Moratorium zu Kreditstundung Ende Juni ausgelaufen
Hintergrund dieser Entwicklung ist auch das Ende, des seitens der Bundesregierung im Rahmen der Corona-Krise beschlossenen Moratoriums, welches Kreditnehmern quasi per Gesetz erlaubte, Kredite vorübergehend zu stunden und fällige Zahlungen aufzuschieben. Doch dieses Moratorium ist nun Ende Juni ausgelaufen und auch nicht verlängert worden.
Verbraucher mussten also ab diesem Datum ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen und im Falle einer „Zahlungsunfähigkeit“ selbst die Initiative bei der Kreditgewährenden Bank ergreifen. Eine Situation, die eben exakt jetzt beobachtet werden kann. Die Sorgen der Banken hinsichtlich steigender Kreditausfälle ist also durchaus berechtigt, denn niemand kann und will vorhersagen, ob sich die gesamtwirtschaftliche Lage entwickeln.
Die steigende Anzahl von Insolvenzen, Entlassungen, Kurzarbeit und Lohnsenkungen zeugen nicht von einer wirtschaftlichen Erholung, sondern mehr als Vorboten einer drohenden Rezession.
So wundert es nicht, dass wir Finanz-Experten wie Patrik-Ludwig Hantzsch als Forschungschef der Auskunftei Creditreform die Sorge der Banken als durchaus begründet ansieht:
„Die Gefahr von Kreditausfällen steigt mittelfristig erheblich an. Die Zahlungsverpflichtungen sind eben nur aufgeschoben und nicht aufgehoben. Die Raten werden natürlich irgendwann fällig.“
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