Verwahrentgelt, Negativzinsen, Minuszinsen – Die Gebühren zählten zunächst als Ausnahme. Mittlerweile verlangt mehr als ein Drittel der rund 1.300 Geldinstitute Zinsen für die Geldanlage. Dabei schwanken die Grenzen für den Freibetrag stark, sodass teils auch schon geringe bis mittlere Einkommen betroffen sind, die 5.000 Euro und mehr auf ihrem Konto haben.
Aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbands ist die Erhebung von Verwahrentgelten beziehungsweise Strafzinsen nicht zulässig. Er argumentiert, dass die Hauptpflicht der Bank beim Girokonto in der Erbringung von Zahlungsdienstleistungen besteht. Dafür fällt eine Kontoführungsgebühr an. Damit die Zahlungsdienste überhaupt möglich sind, muss Geld auf dem Konto liegen. Das Verwahren der Einlagen ist daher „eine Nebenpflicht zur Erfüllung der Hauptleistungspflicht“ – so die Auffassung der Verbraucherschützer.
Berliner Richter erklären Erhebung von Verwahrentgelten für unzulässig
Eine Auffassung, der nun Berliner Richter in einem aktuellen, jedoch noch nicht rechtskräftigen Urteil gefolgt sind. So stellten die Richter am Berliner Landgericht beim Verwahrentgelt für das Girokonto fest, dass die Negativzinsen „mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren“ sind. Auch beim Tagesgeld widersprechen die Minuszinsen den gesetzlichen Leitlinien.
Die Richter argumentieren, dass die Verwahrfunktion des Geldes eine zahlungsdienstfremde Leistung ist. Hier gelten die Regelungen für Darlehen, wonach der Darlehensnehmer, in diesem Fall die Bank, Zinsen zahlen muss, nicht aber der Kapitalgeber, also der Kontoinhaber. Die von der Bank getroffene Klausel zum Verwahrentgelt läuft diesem gesetzlichen Leitbild zuwider.
Das Landgericht Berlin widerspricht zudem der Auffassung zahlreicher Banken, dass die Verwahrung von Buchgeld beim Girokonto als eigenständige Leistung des Instituts zu sehen ist, für das ein Entgelt zu zahlen sei.
Ein Argument, dem die Berliner Richter nicht folgen und zwar allein aus dem Grund, weil für Kunden nicht erkennbar ist, dass es sich beim Girokonto um zwei getrennte Verträge handelt. Zudem müssten Kontoinhaber die Verträge unabhängig voneinander kündigen können.
Für den Verbraucherzentrale Bundesverband hätte das Urteil des Landgerichts Berlin letztendlich nicht besser ausfallen können (Az. 16 O 43/21). Denn mit dem nun gefällten Urteil bestätigten die Berliner die Klagepunkte des VZBV und stärkten somit vorerst mal die Position des Verbandes selbst, vor allem aber die, von diesen Strafzinsen betroffenen Konto-Inhaber.
Urteil noch nicht rechtskräftig, dennoch mit Signalwirkung?
Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Das beklagte Geldinstitut nimmt das aktuelle Urteil nicht an und kündigte bereits Berufung an. Und das aus gutem Grund, denn das aktuelle Urteil weicht von anderen Urteilen in ähnlich gelagerten Klagefällen deutlich ab. So hat zuletzt das Landgericht Leipzig Negativzinsen der Sparkasse Vogtland für zulässig erklärt (Az.: 5 O 640/20). Dennoch könnte die Entscheidung der Berliner Richter eine große Signalwirkung auf andere Gerichte habe, die sich mit vergleichbaren Klagen beschäftigen (müssen).
Abzuwarten bleibt daher, wie die nächste Instanz das Erheben der Minuszinsen bewertet. Die Verbraucherzentrale hat bereits angekündigt, wenn nötig auch bis vor den Bundesgerichtshof zu ziehen.
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