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28.10.2024

VZBV fordert von der Politik aufgrund steigender Überschuldung Reform bei der Vergabe von Krediten

Ratenkredite wirken oft verlockend, doch die wachsende Anzahl kleiner Kredite kann Verbraucher schnell überfordern. Verbraucherschützer fordern daher dringendes Handeln vom Gesetzgeber, um Verbraucher vor einer möglichen Schuldenfalle zu schützen.
Verbraucher nehmen 2019 mehr Konsumkredite auf

Der deutsche Kreditmarkt befindet sich im Wandel. Mit der zunehmenden Digitalisierung des Finanzsektors und der wachsenden Popularität von Online-Shopping haben sich neue Kreditformen wie Kleinkredite und "Buy-Now-Pay-Later"-Angebote etabliert. Diese Entwicklung bietet Verbrauchern einerseits mehr Flexibilität bei Finanzierungen, wirft andererseits aber Fragen zum Verbraucherschutz auf.

Vor diesem Hintergrund hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) eine Überprüfung und Anpassung der bestehenden Regulierungen für Verbraucherkredite angeregt. Ziel ist es, potenzielle Risiken für Verbraucher zu minimieren und gleichzeitig den Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten in angemessener Weise zu gewährleisten. Diese Initiative fällt in eine Zeit, in der auch auf EU-Ebene neue Richtlinien zur Kreditvergabe in Kraft getreten sind, die bis 2025 in nationales Recht umgesetzt werden müssen.

vzbv drängt auf strengere Regulierung

Dorothea Mohn, Teamleiterin Finanzmarkt beim vzbv, betonte in einer Pressekonferenz am Dienstag in Berlin die Notwendigkeit einer gründlichen Überprüfung bei der Kreditvergabe: "Die Kreditwürdigkeitsprüfung muss so gestaltet werden, dass bei jeder Art von Verbraucherkrediten das individuelle Einkommen und die regelmäßigen Ausgaben geprüft werden." Diese Forderung gewinnt angesichts der Proliferation von Kurzzeitkrediten und "Buy-Now-Pay-Later"-Angeboten an Dringlichkeit.

EU-Richtlinie als erster Schritt

Die Europäische Union hat bereits auf diese Entwicklung reagiert: Eine im November 2023 in Kraft getretene Richtlinie sieht vor, dass künftig auch für Kleinkredite unter 200 Euro und Kurzzeitkredite mit einer Laufzeit von weniger als drei Monaten strengere Informationspflichten gelten sollen. Diese Regelung schließt eine wichtige Lücke, da solche Kredite bisher oft außerhalb des regulatorischen Rahmens fielen.

Deutschland steht nun vor der Herausforderung, diese EU-Vorgaben bis November 2025 in nationales Recht umzusetzen. Experten sehen darin eine Chance, den Verbraucherschutz im Kreditwesen grundlegend zu stärken.

Weitergehende Forderungen des vzbv

Der vzbv geht in seinen Forderungen noch über die EU-Richtlinie hinaus:

  • Verhältnismäßigkeit: Laufzeit, Höhe und Risiko eines Kredits müssen in ein "angemessenes Verhältnis" gesetzt werden.
  • Gesamtverschuldung berücksichtigen: Bei der Kreditvergabe soll die Gesamtheit aller bestehenden Kreditverpflichtungen des Antragstellers geprüft werden.
  • Datenschutzkonforme Kreditwürdigkeitsprüfung: Der Verband schlägt die Bereitstellung zusammengefasster Kontoinformationen vor, warnt jedoch vor direkten Kontoeinblicken aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken.
  • Flexible Rückzahlungskonditionen: In finanziellen Krisensituationen sollen Kreditnehmer von verpflichtenden flexiblen Rückzahlungsoptionen profitieren können.

Alarmierende Zahlen unterstreichen Handlungsbedarf

Eine aktuelle Umfrage des vzbv offenbart die Brisanz der Situation: 19 Prozent der Verbraucher gaben an, Schwierigkeiten bei der Tilgung ihrer Kredite zu haben. Als Hauptgrund wurden die gestiegenen Lebenshaltungskosten genannt. Diese Zahlen verdeutlichen die Notwendigkeit einer Reform.

Dr. Sarah Müller, Wirtschaftswissenschaftlerin an der Universität Frankfurt, kommentiert: "Viele Verbraucher unterschätzen die kumulativen Auswirkungen mehrerer Kleinkredite auf ihre finanzielle Gesamtsituation. Es ist ein schleichender Prozess, der oft erst zu spät erkannt wird."

Die Perspektive der Finanzindustrie

Die Finanzbranche steht den Forderungen der Verbraucherschützer zwiegespalten gegenüber. Thomas Schmidt, Sprecher des Bundesverbandes deutscher Banken, äußert sich vorsichtig positiv: "Wir unterstützen grundsätzlich Maßnahmen zum Verbraucherschutz. Allerdings dürfen übermäßige Regulierungen den Zugang zu Krediten für verantwortungsbewusste Verbraucher nicht unverhältnismäßig erschweren."

Die Banken argumentieren, dass Kleinkredite und flexible Zahlungsoptionen wichtige Finanzierungsinstrumente für viele Verbraucher darstellen. Eine zu strenge Regulierung könnte unbeabsichtigte negative Folgen haben, wie etwa den Ausschluss bestimmter Verbrauchergruppen vom Kreditmarkt.

Technologische Lösungsansätze

Fintech-Unternehmen sehen in der Debatte eine Chance, innovative Lösungen zu entwickeln. Start-ups wie "CreditSafe" arbeiten an KI-gestützten Systemen, die eine umfassende, aber datenschutzkonforme Kreditwürdigkeitsprüfung ermöglichen sollen.

"Unsere Technologie analysiert aggregierte Finanzdaten, ohne auf sensible Einzeltransaktionen zuzugreifen", erklärt Lisa Weber, CEO von CreditSafe. "So können wir ein genaues Bild der finanziellen Situation eines Antragstellers zeichnen, ohne seine Privatsphäre zu verletzen."

Ausblick: Balanceakt zwischen Schutz und Freiheit

Während die Debatte über die richtige Balance zwischen Verbraucherschutz und Kreditverfügbarkeit anhält, steht der deutsche Gesetzgeber vor der Herausforderung, die EU-Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Dabei gilt es, einen Mittelweg zu finden, der sowohl die Interessen der Verbraucher als auch die der Finanzindustrie berücksichtigt.

Fest steht: Die Kreditlandschaft in Deutschland steht vor einem Umbruch. Die kommenden Monate werden zeigen, wie der Gesetzgeber auf die Forderungen der Verbraucherschützer reagiert und welche konkreten Maßnahmen ergriffen werden, um Verbraucher besser vor Überschuldung zu schützen, ohne den Zugang zu wichtigen Finanzierungsmöglichkeiten unverhältnismäßig einzuschränken.

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Redakteur: Markus Gildemeister

Markus Gildemeister

Markus Gildemeister ist seit rund 10 Jahren freiberuflicher Redakteur und bei Cashper Hauptverantwortlicher für unseren Finanzblog. Markus generelles Interesse gilt der Finanzwelt sowie der FinTech Szene. Neben seiner redaktionellen Aktivität bei uns betreibt er selbst mehrere, erfolgreiche Finanzportale. Zudem ist er Gastautor und Kolumnist in deutschen (u.a Focus.de) sowie zahlreichen US-amerikanischen Investment-Portalen (Investing.com / Stockopedia.com etc.)